Beijing / Zürich / Berlin


Debütantenfeuer

Eine Veranstaltungsreihe im Literaturhaus Basel
Konzeption und Moderation: Pia Reinacher und Hubert Spiegel

September 2001 bis Juni 2002

Phantasie und Markt

Ein Debütant zu sein, heisst zuerst einmal nichts anderes, als das erste Mal öffentlich aufzutreten. Aber als Debütant erfolgreich aufzutreten und erfolgreich zu bleiben, scheint zu einem Hürdenlauf der Superlative zu werden. Erstlinge werden euphorisch begrüsst, hysterisch durch den Markt und Literaturbetrieb geschleust und ganz unauffällig wieder fallengelassen, wenn sich Erwartungen nicht erfüllen. Sie zu erfüllen, reicht ein einziges Leben nicht aus. Weder ein Schriftstellerleben noch das des Lesers, Verlegers, Kritikers, Promoters- und Marketingstrategen. Mit welchen Mitteln also ist das Feuer des schriftstellerischen Nachwuchses je nach Angebot und Nachfrage anzufachen, als Dauerbrenner beizubehalten oder auch wieder zu löschen?

Der Traum der einen Seite kann schnell zum Albtraum der anderen werden.

In der Reihe „Debütantenfeuer“ geht es uns darum, die Situation der Kunstproduktion und der Kunstvermarktung zu thematisieren und deren Mechanismen sichtbar zu machen. Es soll über den veränderten „Markt“ diskutiert werden, über die scheinbare Unvereinbarkeit von Erwartungen und dem Anspruch auf Erfolg.

Verlage mögen andere Erwartungen an Autoren haben als Autoren an Verlage, Kritiker an Autoren und Autoren an Kritiker, PR-Büros an Autoren und Autoren an PR-Büros, Literaturveranstalter an Autoren und Autoren an Literaturveranstalter, Sponsoren an Autoren und Autoren an Sponsoren und nicht zuletzt Leser an Autoren und Autoren an Leser.

Erwartungen, die Autoren an sich selbst stellen, sind schreiben, schreiben, schreiben. Ohne den Autor und seine Texte bräuchte es keine Verlage, keine Kritiker, keine PR-Büros, keine Literaturveranstalter, keine Sponsoren. Und was täten die Leser?

Ein Autor muss erfolgreich sein. Aber was heisst Erfolg? Gibt es auch den Erfolg von Qualität? Gibt es von irgendeiner Seite einen Anspruch darauf? Oder ist das alles nur eine Frage der Perspektive?

Veranstaltungen

8 Abende in Lesung und Gespräch

  • Der Erstling und Das Geld kriegt immer ein anderer:
    Zoe Jenny „Das Blütenstaubzimmer“
    Robert Schneider „Schlafes Bruder“
  • Der Debütant als Phantasiemaschine:
    Michael Kumpfmüller „Hampels Fluchten“
    Christoph Peters „Stadt Land Flucht“
  • Der Erstling als verzögerter Auftakt zum Zweitling/Drittling:
    Georg Klein „Barbar Rosa“
    Und ein Zweitlingsbeispiel
  • Und wieder nur ein Saisongespräch:
    Christoph Bauer „Jetzt stillen wir unseren Hunger“
    Annette Pehnt „Ich muss los“
  • Der Weg zum Klassiker:
    Julien Green „Mont-Cinère“
  • Frühjahrsbuchmesse aktuelle Debütanten
    „Der Auftraggeber bin ich selbst“ – Wer „macht“ die Debütanten?
  • Eine autobiografische Recherche als Einstieg:
    Thomas Hürlimann „Die Tessinerin“
    Melitta Breznik „Nachtdienst“

Abschlussveranstaltung

Der Erstling als Türöffner:
Peter Bichsel „Eigentlich wollte Frau Blum den Milchmann kennen lernen“

Auftaktveranstaltung

Freitag, 21.09.2001

Debütantenfeuer
Phantasie und Markt

Erstlingswerke und andere Shortseller

Eine Podiumsdiskussion mit:

  • Pia Reinacher, freie Literaturkritikerin bei der FAZ
  • Hubert Spiegel, Leiter des Ressort Literatur und literarisches Leben bei der FAZ
  • Martin Hielscher, Programmleiter Belletristik bei C.H. Beck
  • Katharina Raabe, Lektorin, Vertreterin des Suhrkamp Verlages in Berlin
  • und Birgit Politycki, Literatur- und Pressebüro Pauw & Politycki

Moderation: Hajo Steinert, Literaturkritiker, Leiter der Literaturredaktion beim Deutschlandfunk

Wenn pro Saison mehr als dreissig Debütanten auf den Markt drängen, scheint die Schlacht auf dem Feld der Aufmerksamkeit schon verloren zu sein und enttäuschte Erwartungen vorprogrammiert. Die Erwartungen, mit denen sich der Debütant konfrontiert sieht, sind von vielfältigsten Interessen geprägt. Wenn es für ihn nur das eine Ziel gibt, zu schreiben, sieht die „Verwertbarkeit“ von Text und Autor für Verleger, Lektoren, Journalisten, Redakteure und Literaturagenten schon ganz anders aus. Aus Gründen von Überangebot und wenig Nachfrage und um die Neugier und Kauflust des Lesers wach zu halten, scheint es zwingend, Autor und Text zu „inszenieren“. Und was bleibt dem Leser? Ein Sprung ins Büchermeer und die Hoffnung, darin nicht zu versinken.

In der Reihe „Debütantenfeuer“ soll die Situation der Literaturproduktion und Literaturvermarktung thematisiert und deren Mechanismen und Hintergründe sichtbar gemacht werden. Sind der Markt und seine Gesetze etwa Erfindungen, ein künstliches Produkt, ein Börsenumschlagplatz? Ist der Erfolg das Ergebnis von Anspruch und Leistung oder eine Gewinn- und Verlustrechnung? Oder ist das alles nur eine Frage der Perspektive?